Wv 729 "Glen"

Wv 729 „Glen“

Er ist viele Jahre alt, aber noch gut im Schuß. Das linke Bein hinkt manchmal ein wenig, die Augen sind schon etwas trüb. Aber für sein Alter und für ein so fürchterliches Leben ist er noch erstaunlich munter.

Als Kind wurde er sehr geliebt, durfte überall im Haus sein. Aber nachdem die erste Tochter von Eileen geboren wurde, hat sich sein Schicksal zum Schlechten gewendet. Er durfte nicht mehr ins Haus kommen, sogar in der Nacht mußte er draußen bleiben.

Er ist klein und hat kurze Haare. Da die Nächte im Garten auch im Sommer ziemlich frisch sind, nicht zu sprechen vom Winter, wo es auch mal frieren kann, mußte er sich im Kuhstall verkriechen. Dort bekam er einen Geruch von Dreck, deswegen hat man ihn schon gar nicht mehr in Hausnähe kommen lassen. Zum Essen bekommt er nur wenig Abfälle.

Wir wohnen einige hundert Meter von Eileens Haus entfernt, aber nur für jeweils drei Monate, dann kehren wir nach Roßdorf zurück. Nach weiteren drei Monaten sind wir nochmals in Irland.

Glen kommt nach einigen wenigen Tagen immer zu uns. Er bekommt eine Dose Futter und einige freundliche Worte. Und das Tag für Tag.

Aber in diesem Sommer hat er angefangen nach dem Essen gegen unsere Wand zu pinkeln. Unerhörte Frechheit, dachte ich, und schrie ihn an. Beleidigt ging er weg. Den nächsten Tag aber, wiederholte er diese Untat. Seitdem trage ich sein Essen weit weg vom Hause in den Garten, auch wenn es regnet, und es regnet sehr oft in Irland.

Wo ist die Moral? Es gibt keine Moral, nur Schicksale, und Glens Schicksal ist, dass er ein Hund ist.

Esteban Fekete
25-04-2002

Video – Portrait

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