Einladung Kulturhistorischer Verein Roßdorf |
zurück zu „Termine“ |
Lesung „Koxkox und Kikequetzel“
am 14. März 2009
Begrüßung:
Dr. Klaus Lehmann,
Kulturhistorischer Verein Roßdorf
Lesung der mexikanischen Geschichte von Christoph Martin Wieland durch
Wilma-Maria Estelmann
Literaturwissenschaftlerin,
Società Dante Alighieri Wiesbaden
1795 wurde dieser Bericht zur ‚Geheimen Geschichte der Menschheit‘ des Aufklärers Wieland, der die Tradition des deutschen Bildungsroman begründete und ihn 1769 verfaßt hatte, herausgegeben. Vor 50 Jahren erschien in kleiner Auflage ein Nachdruck, mit Zeichnungen versehen:
Esteban Fekete hat mit zarter Feder diese philosophisch-poetischen Betrachtungen über die Liebe illustriert.
***
Die Wiesbadener Literaturwissenschaftlerin Wilma-Maria Estelmann hatte diese Buch aus dem Jahr 1958 wiederentdeckt und führte in das Werk und die Wirkungsgeschichte Wielands und Feketes ein. Sie las und kommentierte ausgewählte Passagen des Buches und präsentierte die Buchillustationen von Esteban Fekete.
Eine Reihe von Zufällen hat zu diesem Abend im Roßdörfer Museum geführt:
Zufällig hatte Esteban Fekete 1958 während einer Ausstellungseröffnung einen Verleger kennengelernt, der einen Illustrator für die Geschichte Wielands suchte; zufällig sah Wilma-Maria Estelmann in Wiesbaden schon seit Jahren eine Zeichnung Feketes bei einem Freund; zufällig entdeckte sie kürzlich das von Fekete illustrierte Buch „Koxkox und Kikequetzel“ in einem Antiquariat im Internet. Weniger zufällig ist die Fortsetzung dieser Geschichte: Frau Estelmann erwarb das Buch, fand beim Googeln unser Museum, stellte die Verbindung zur Fekete-Stiftung her und konnte nun vor einem interessierten Publikum die Erzählung Wielands vortragen, während Dr. Lehmann die Zeichnungen Esteban Feketes dazu an die Wand projizierte.
Die Geschichte – sie ereignet sich auf einer warmen fruchtbaren Insel Mexikos und Wieland führt einen mexikanischen Autor als Quelle der Fabel ein – erzählt von den Überlebenden einer Katastrophe, nämlich eines Kometeneinschlags und einer darauf folgenden Sintflut. Wie aus einem friedlich zusammenlebenden Paar durch das Auftauchen weiterer Überlebender nicht eine geordnete Gemeinschaft, sondern eine Horde triebhaft lebender Menschen sich entwickelt, ist, vergröbert wiedergegeben, der Inhalt der Erzählung. Sie verfehlen das, was der Aufklärer Wieland an anderer Stelle als Aufgabe des Menschen beschreibt: „In dem Augenblick, da er aus der Hand des Schöpfers hervorgeht, ist der Mensch nicht viel mehr als eine Potenzialität. Er muss sich selbst entwickeln, sich selbst erziehen, muss das zur Vollendung bringen, was an Glanz und Anmut über ihn ausgegossen worden ist – mit einem Wort, er muß in gewisser Weise sein eigener Schöpfer sein.“
Wilma-Maria Estelmann trug von sparsamen Gesten unterstützt die ironische Leichtigkeit der langen Sätze Wielands lebendig vor und raffte kaum merkbar einige philosophische Erörterungen Wielands. In der Erinnerung der Zuhörer wird die Erzählung Wielands immer mit dieser sich in seinen Stil einfühlenden Lesung und den die wichtigsten Momente der Erzählung mit sparsamen Strichen erfassenden Zeichnungen Esteban Feketes verbunden bleiben.
Text: Ursula Richter, Roßdorf
Impressionen