Auf den Höhen der Zyklopen
Zum Farbholzschnitt „Machu Picchu“ (Werkverzeichnis 395)
Machu Picchu – obligatorische Station jeder ordentlichen Südamerika-Rundreise. Die in fast 2500 Meter Höhe auf einem Berggrat im peruanischen Dschungel gelegene Stadt, terrassenförmig konzipiert im 15.Jahrhundert und wohl schon im 16. verlassen und bald vergessen. Sommer-Residenz der Inka- Herrscher? Kultzentrum? Fluchtburg vorm goldgierigen Zugriff der spanischen Konquistadoren? Der Welt wurde Machu Picchu bekannt, seit der Amerikaner Hiram Bingham dort 1911 mit der Freilegung der längst von Vegetation überwucherten Bauten und Treppenwege begann. Weltkulturerbe der UNESCO ist es seit 1983. Als Esteban Fekete vier Jahre davor, im Sommer 1979 die luftige Ruinenstadt besuchte, war dies ein kultureller Abstecher einer Reise, auf der er und seine Frau Maria noch einmal deren immer hinfälliger werdende Eltern in Buenos Aires treffen wollten. Getrost darf man davon ausgehen, dass sich damals die Touristenströme, die heute sowohl die historische Stätte wie auch deren Naturumfeld gefährden, noch in Grenzen hielten. Es wird Fekete also nicht an der Ruhe gefehlt haben, sich den grandiosen Anblick von zyklopischen Steinblöcken und steilragenden Andengipfeln nachhaltig genug einzuprägen, um daraus, im selben Jahr noch, im heimischen Atelier einen Holzschnitt zu schaffen. Passend entschied er sich für ein Hochformat. Es führt den Blick des Betrachters von einer auf dem warmen Quader, wie in Griffweite, dösenden Eidechse, aufsteigend über kubische Gebäudefluchten und Terrassenstufen, bis zu den zuckerhutartigen Gipfelkuppen, die, einander überschneidend, das Motiv oben abschließen. Das in sieben Farben gedruckte Werk suggeriert, im allmählichen Übergang von Gelbtönen im Vorder-, Ultramarin und Violett im Hintergrund, dass die Szene geteilt ist in zwei Lichtsituationen: Hinweis darauf, wie rasch in solch entlegenen Höhen das Wetter umschlagen kann!
Roland Held