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„Ein Besuch bei Feketes“
Der Stetteritz ist ein 167 m hoher Hügel mit einem weiten Blick in die Ebene von Gundershausen einem Stadtteil von Roßdorf bei Darmstadt.
Nein, das Fekete-Haus war nicht wie jedes andere. Ja, es war ein Einfamilienhaus mit Obergeschoß und einem einseitig verlängerten Dach, was als Carport für einen in die Jahre gekommenden Kleinwagen diente. Auch stand dort das Fahrrad-Tandem des Ehepaars. Der Garten war eher spartanisch und somit pflegeleicht eingerichtet. Hohe Bäume, ein paar Büsche und überwiegend vermooster Rasen. Das war auch notwendig, denn Feketes wohnten im vieteljährichen Wechsel hier und in ihrem Ferienhaus in Irland.
An der straßenseitigen Hauswand befand sich ein 2 Meter großes Hundebild „Cave Canem“ (Hüte dich vor dem Hund). Es bestand aus sage und schreibe 154 Kupferplatten jeweils ca. 14 x 14 cm groß und wie wir später erfuhren, hat Esteban sie alle einzeln in seinem kleinen Brennofen im Keller zu Emailleplatten gebrannt.Die Montage auf einer Eternitplatte sah Esteban Fekete auch sehr entspannt. Er nahm eben dass, was gerade verfügbar war.
Das Tor zum Garten erschien einem beim flüchtigen Hinsehen als eher baureif und heruntergekommen, tatsächlich war es aber ein typisches Werk Feketes. Etwas makaber mutete das Drahtgeflecht an, das möglicherweise früher seinem Hund daran hindern sollte, über das Tor zu springen. Ein entsprechendes Emailleschild warnte den Besucher.
Als wir zum ersten Mal das Haus betraten, bestand der Hausherr als bekennender Hundefreund darauf, dass wir unseren Berner Sennenhund Eika nicht draußen ließen. Beim näherem Umschauen waren wir überwältigt von den vielen Kunstwerken nicht nur an den Wänden. Im Flur ein Regenschirmständer, gezimmert aus einem Satz Holzstöcke. Im Esszimmer ein bemaltes Kaffeegeschirr, verschiedene Skulpturen im Wohnzimmer und in der Küche ein 1,60 m großes bemaltes Kachelbild mit einem Motiv aus seiner Zeit in Argentinien, dem Mutterland seiner Frau Maria.
Im Wohnzimmer eine Vielzahl von Kunstbüchern und Bücher klassischer Literatur aufgereiht in Regalen. Fekete war ein Pragmatiker und so wurden diese Regale nicht einfach gekauft, obwohl er es sich locker erlauben konnte, Fekete war durchaus wohlhabend. Nein, er baute sie selbst aus Kalksandsteinen und einem Brett lose aufgelegt, denn die Bücher waren ja schließlich schwer genug.
Nach rechts kam man unter einem mit Büchern und Regalen überbauten Durchgang zu einem Flügel und eine Staffelei mit seinem aktuellen Werk sowie einem bequemen Sessel. Hier ließ er sein eigenes Werk auf sich einwirken, vielleicht ja auch für Kaufinteressenten gedacht.
Der eigentliche Wohnbereich befand sich aber links von der Zimmertüre. Dort war eine bequeme Couch mit Tisch und Sessel. Den Rücken der Couch bildeten an der Wand genagelte Holzstöcke. Wer dort saß, hatte zum einen einen Blick ins Esszimmer und den Garten zum anderen aber auf ein ganz besonderes Kunstesemble.
An Wand hing eine über 1,00 m quadratische Holzplatte, die mit einem breiten geschnitzten Rahmen mit typischen Motiven aus seiner Zeit in Argentinien versehen war. In der Mitte ein aus Emaille-Kupferplatten kreiertes Gemälde seines Hundes Ulysses. Darunter, gezimmert eine große Truhe, ebenfalls aus großen Holzstöcken verschiedener Farbholzdrucke. Darauf zwei Plastiken, die eine „Ich und Ulysses“ die andere zeigt eine nachdenkliche Frau, vermutlich Maria.
Das Esszimmer mit einem großen Tisch bot nicht nur seine eigentliche Aufgabe der Nahrungsaufnahme an, sondern diente Fekete auch zum Unterzeichnen seiner Auflagen, der Farbholzschnitte. Einige Auflagen hatten eine Größe von 10.000 Stück. Jede wurde von Fekete mit seinen Versalien versehen. Dazu brauchte er Platz, von dem in diesem Haus nicht mehr allzuviel zur Verfügung stand.
An der Wand seine Radio und Stereoanlage. Fekete war ein Liebhaber der klassischen Musik und es freute mich, dass ich ihm später seine vorhandene Satellitenanlage noch um einen digitalen Audio Receiver erweitern konnte. Somit hatte er ein großes Spektrum von Klassik-Sendern zur Verfügung, was er auch begeistert ausschöpfte.
Der Flur und die Treppe nach oben waren ebenfalls angereichert mit Farbholzschnitten, Ausstellungsplakaten und diversen Holzstöcken.
Oben offenbarte sich ein großer Raum , der zum einen das Schlafzimmer des Ehepaars war, aber auch ein Schreibtisch oder besser eine Werkbank zeugte davon, dass hier richtig gearbeitet wurde. Der Tisch war übersät von diversen Stechbeiteln und Schnitzwerkzeugen sowie Tierschädel als makabres Beiwerk, typisch Fekete.
Die Schlaf- und Ruhestellen waren für Maria, wie auch für Esteban auf einem Podest erhöht positioniert. Esteban liebte den Blick aus dem Bett direkt in die Natur. So haben wir es auch in Irland in seinem Feriehaus erlebt. Dort waren die Betten auf übereinandergelegten Ziegelsteinen gestellt, sodaß sie einen Blick in die Bucht von Kenmare ermöglichte.
Nun wollten wir auch seine Druckerei, Lager und die Brennöfen sehen. Dazu ging es eine Treppe hinunter und eine weitere in den Keller.
Die Beleuchtung war eher spärlich. Immerhin war der Keller noch zum Teil oberhalb des Gartenbodens und so kam doch auch noch etwas Tageslicht in die Räume. Der großer Raum besaß ein stabiles Wandregal für Holzstöcke, darunter ein typisches Fekete-Regal aus Kalksandsteinen für fertige Drucke oder auch blanko Rives Bütten Papier als Vorrat.
Davor die Druckpresse und genau gegenüber ein Tisch zum Auftragen der Ölfarbe auf den Holzstöcken mittels Hartgummiwalze. Zwei Emailleöfen in der Raumecke direkt neben den Holzplatten waren für Fekete kein Problem. Ein Sicherheitsbeauftragter hätte die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen.
Ein zweiter kleinerer Raum war gefüllt mit großformatigen Holzstöcken und seinem Archiv. Bei ca. 800 Holzschnitten und Farbholzschnitten mit jeweils 4-6 Holzstöcken kommen ein paar Tausend Holzstöcke zusammen, die eben auch gelagert werden müssen. Als ehemals sehr aktiver Leichtathlet schaltete Esteban auch hin und wieder hier unten in dem kleinen Raum für Sport den Fernseher an.
(Mehr zu seiner sportlichen Laufbahn siehe unter Menupunkt Lebenswerk)
Wir haben uns in diesem Fekete-Haus immer willkommen und herzlich sowie freundlich aufgenommen gefühlt.
Dieses ganz besondere Haus hätte es verdient gehabt, als Museum weiter zu existieren. Nach dem Tod von Esteban Fekete im Jahre 2009 wurde es umgebaut, renoviert und modernisiert. Heute ist es nur noch ein Haus.
Zur Erinnerung an Esteban Fekete anläßlich seines 100. Geburtstages am 11. August 2024