Rede Ursula Paschke

Ursula Paschke

 

 

 

 

 

Ursula Paschke

Liebe Trauergemeinde!

Als wir uns hier vor gut vier Jahren versammelten, um Esteban Fekete zu Grabe zu geleiten, da saß seine Frau Maria noch unter uns, allerdings zwischen zwei Pflegerinnen aus der Roßdörfer Seniorenwohnanlage. Bis auf eine einzige, die   -letzte – Nacht zu Hause auf dem Stetteritz einige Wochen zuvor, war sich das Ehepaar 59 Jahre lang stets absolut einig gewesen über jeden Schritt ihres gemeinsamen Lebens, nach dieser Nacht blieb Maria alleine zurück. In ihrem Haus konnte sie nun nicht mehr leben, doch war der betreuende Rechtsanwalt Eidenschink in dieser Situation bestrebt, ihr die leider notwendige Umstellung so erträglich wie möglich zu machen. Frau Feuerbach aus Dieburg wurde Marias spezielle Betreuerin im Heim und diese Entscheidung erwies sich offensichtlich noch einmal als ausgesprochen gnädig in ihrer verbleibenden Zeit auf Erden. Ihrer Hilfsbedürftigkeit wurde nun zuverlässig mit Wärme begegnet, mit großem Einfühlungsvermögen, mit Phantasie, Taktgefühl, Ermunterung und allerbester Pflege, wofür sie auch ausdrücklich danken konnte, bis der Körper schließlich beim letzten grassierenden Infekt nicht mehr gehorchen wollte und sie gegen Abend am 31. August sanft einschlief.

Maria Alexandra Rongine war sehr geliebtes einziges Kind eines russischen Physikers und einer jugoslawischen Biochemikerin, die Ende der zwanziger Jahre miteinander nach Argentinien ausgewandert waren. Sie soll ein schmales, ernsthaftes kleines Mädchen mit forschendem Blick gewesen sein, das sich am liebsten mit der Beobachtung kleiner Tiere beschäftigte, wodurch sie früh allerhand Geschick und Erfahrung gewann. Nach dem Abitur trat sie in die Fußstapfen ihrer Mutter, indem auch sie Chemie studierte. Als sie die Silvesternacht 1948 fröhlich zu Hause mit einigen Kommilitonen verbracht hatte, klingelten am Neujahrstag plötzlich mit einigen Stunden Verspätung zwei weitere junge Männer an der Haustür, einer von ihnen war Esteban, der sogleich fasziniert von dieser jungen Studentin war, womit das Schicksal seinen Lauf nahm, denn wenn Esteban einmal Feuer gefangen hatte, dann wurde es schwierig, sich dem zu entziehen.

1950 begannen nach ihrer Hochzeit zwar glückliche aber auch aufregende Jahre, in denen sich zunächst herausstellte, daß sich die beruflichen Pläne ihres Mannes nicht mehr durchführen ließen. Auf ihren Vorschlag hin begann er zu malen, Kontakte zu knüpfen, Künstler und Lehrer aufzuspüren. Während sie ihn auf ganzer Linie ermunterte, erste Ausstellungen folgen konnten,  wurde sie zum Dr. der Chemie promoviert und erhielt ein einjähriges Stipendium in Heidelberg. Die Rückkehr in die argentinische Heimat gefiel Maria, die bald eine interessante Forschungsaufgabe an der Seite eines späteren Nobelpreisträgers für Chemie fand, sehr viel besser als ihm seine weiteren Bemühungen um Ausstellungstermine. So ging die Reise zwei Jahre später wieder nach Deutschland, wo sich die Zufriedenheit der Beiden umkehrte, weshalb nach weiteren zwei Jahren noch einmal die Rückreise nach Argentinien angetreten wurde, wo jedoch er sich isoliert fühlen mußte. Nach wiederum zwei Jahren kehrten sie schließlich endgültig  nach Deutschland zurück. Maria Fekete erhielt eine Assistentinnenstelle am Botanischen Institut der Technischen Hochschule Darmstadt, und 1965 wurde das Ehepaar im eigenen Gundernhausener Haus auf dem Stetteritz seßhaft.

Es hatte wahrlich einer erheblichen Geduld, Liebe, Zuversicht und großer Tapferkeit Marias bedurft, diese aufreibende Periode heil durchzustehen, doch immerhin erwies sich der Zeitpunkt ihrer Landung in der Bundesrepublik Deutschland nun als überaus günstig: In den 60er und 70er Jahren schossen in vielen Landesteilen neue Rathäuser in die Höhe und Hochschulen wurden reichlich gegründet. 1971 wurde Maria zum Professor an der Technischen Hochschule Darmstadt ernannt. Sie fühlte sich wohl im Institut, als Wissenschaftlerin in sehr harmonischer Zusammenarbeit mit Dr. Georg Vieweg, sowie als Hochschullehrerin wirkend, worüber uns dankenswerterweise gleich Bürgermeister Dr. Werner Thomas aus Dieburg informieren wird. Debattierfreudig bei interessanten Gesprächen im Freundeskreis, natur-, besonders wasser- und tierliebend, bleibt am Ende festzuhalten, daß es Maria neben ihrem anspruchsvollen Beruf ein tägliches Anliegen war, nicht nur gemeinsam Musik zu hören und mit ihrem Hund zu spazieren, sondern für ihren Mann allezeit ein offenes Ohr zu haben, an seinen Überlegungen teilzunehmen, jeden seiner Entwürfe zu begutachten, Vorschläge zu versuchen, jedes Bild und jeden Farbholzschnitt bis zur Fertigstellung zu begleiten.

Liebe Maria! Möge Dir nun die Erde an Estebans Seite leicht sein!

Video – Portrait

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